Psychosomatische Anthropologie by Eckhard Frick

Psychosomatische Anthropologie by Eckhard Frick

Autor:Eckhard Frick
Die sprache: deu
Format: epub
Herausgeber: Bookwire GmbH
veröffentlicht: 2015-07-07T16:00:00+00:00


Tab. 6.1: Leib-Körper-Unterscheidung

6.2 Die Naturalismusfalle

Lernziel 6.2

Sie kennen und reflektieren naturalistische Strategien in Bezug auf den Menschen.

Statt eines neurobiologischen Exkurses gehen wir zu Beginn dieses Kapitels auf die weitverbreitete Tendenz ein, neurobiologische Modelle und zerebrale Korrelate des Mentalen mit dem menschlichen Geist gleichzusetzen. »Naturalisieren« heißt: »Phänomene unseres geistig-seelischen Lebens auf natürliche Tatsachen zurückführen, wie es die sind, von denen die Physik (als Basiswissenschaft aller Entitäten des Raum-Zeit-Systems) handelt« (Frank 2007: 29). Für Reduktionen wie die Naturalisierung der Träume als kortikale Verarbeitung neuronaler Salven im Hirnstamm spricht die Sparsamkeitsmaxime (»Occams Rasiermesser«). Durch Naturalisierung scheint diese Ontologie zunächst sparsamer zu sein als dualistische Entwürfe. In der psychosomatischen Medizin wird meist ein Dualismus von Aspekten ( Vorwort) oder von Methoden vertreten, etwa indem psychotherapeutische Diagnostik und Behandlung mit der Auswertung physikalischer Messmethoden und Pharmakotherapie verbunden werden. Allerdings geraten Ärzte und Patienten nicht selten in die Naturalismus-Falle.

Die naturalisierende physikalische Beschreibung neuronaler Vorgänge aus der Beobachter-Perspektive (Dritte Person) ist eine legitime und verheißungsvolle Forschungsstrategie. Problematisch wird sie, wenn quantifizierbare Konstrukte aus ihrem lebensweltlichen Zusammenhang gerissen, der lebensweltlichen Erfahrung untergeschoben und zur eigentlichen Wirklichkeit hypostasiert werden. Dieser naturalistische Fehlschluss kann Neurobiologen unterlaufen, wenn sie die notwendige methodologische Reduktion ihres Fachgebietes ontologisch auf die Lebenswelt ausweiten. Auch Psychotherapeuten, die von farbigen funktionellen Kernspintomogrammen fasziniert sind, tappen leicht in die Naturalismus-Falle. Sie meinen, die Erfolge ihrer Arbeit in der Plastizität des Gehirns zu »sehen«.

Der auf dem Boden der Neurobiologie entstandene Neuro-Konstruktivismus reduziert die Eigenschaften des Mentalen (Subjektivität, Intentionalität, Wahrnehmung usw.) auf das materielle Substrat des Gehirns. Ein Beispiel ist Thomas Metzingers Theorie der »Selbst-Modelle« (Metzinger 1999), in der lediglich der neuronale Innen-Raum real ist, die Repräsentate (ob Außenwahrnehmung, Traum oder Halluzination) jedoch virtuell sind. Zur Veranschaulichung zieht Fuchs (2008) Magrittes Gemälde »La condition humaine« heran. Der Betrachter dieses Gemäldes sieht auf den ersten Blick einen Baum in einer Landschaft hinter einer Fensterscheibe. Auf den zweiten Blick sieht er eine vor dem Fenster stehende Staffelei, auf der ein Teil der »draußen« liegenden Landschaft zu sehen ist:



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